Lanz Story
Vom Alptraum zum Traumfahrzeug !
Anfang des Jahres 1994 entdeckte ich auf einem Firmengelände einen Lanz-Eil-Bulldog aus dem Jahre 1938, immer wieder musste ich wie aus Zwang diesen “Zustand der Verzweiflung” betrachten.
Dass dieses Fahrzeug schon eine längere Standzeit hinter sich gebracht hatte, konnte jeder Betrachter von Weitem erkennen, es war eigentlich nur noch Schrott. Der Motor hatte einen starken Frostschaden, acht Kühlerelemente und der Glühkopf waren vom Frost gesprengt. Die Vorderachse war in einem bösen Zustand und die vier Kotflügel nur noch in Fragmenten vorhanden.
Eines Tages kam ich mit dem Besitzer - ein leidenschaftlicher Sammler von Oldtimerfahrzeugen - ins Gespräch und wollte wissen was mit dem Lanz geschehen sollte, gleichzeitig ließ ich mein Interesse an den Restaurierungsarbeiten erkennen. Nach einem knappen halben Jahr gab der Besitzersein O.K. zur Instandsetzung und ich konnte diesen “Alptraum” von einem Lanz-Bulldog zu mir nach Hause holen, wo ich in Ruhe die Restaurierung vorbereitete.
Alle Schrauben wurden mit Rostlöser eingesprüht und ließen sich nach längerer Einwirkzeit mehr oder weniger leicht bewegen. Kupplung und Regler mussten überholt werden, dagegen waren Pleuel- und Kurbelwellenlager in einem sehr guten Zustand, Bolzen und Büchsen wiederum mussten allesammt überarbeitet werden. Für das Getriebe kam natürlich nur eine Komplettzerlegung mit teilweisem Neuaufbau in Betracht, da auch hier einiges im Argen lag. Die Blechteile wurden – soweit möglich – durch Neuteile bzw. Gebrauchtteile ersetzt. Dass die gebrauchten Blechteile nicht ohne weitere Arbeiten zu verwenden waren versteht sich an dieser Stelle sowieso.
Öl vorpumpen, anheizen und einige male am Lenkrad drehen und der Lanz erwachte das erste Mal nach seinem Dornröschenschlaf zum neuen Leben mit den typischen Hin- und Herbewegungen der Lanz-Bulldogs.
Nach zwei Stunden ausgiebigen Probelaufs wurde das gesamte Fahrzeug wieder zerlegt und für die noch anstehende Lackierung vorbereitet. Als erstes wurden Motor und Getriebe in einem – für meinem Geschmack – wunderbaren Rot lackiert, die weiteren Teile folgten nach und nach. Es war schon ein erhabenes Gefühl den Bulldog “wachsen” zu sehen und von Zeit zu Zeit mit den alten Bildern zu vergleichen.
Nach Abschluss der Lackierarbeiten und nachfolgendem Zusammenbau war es an der Zeit sich der Elektrik zu widmen. Die originale 6-Volt-Ausrüstung sollte wieder zum Einsatz gelangen und so musste die alte Nickel-Batterie zerlegt und regeneriert werden. Für dieses Vorhaben war ein neuer Holzrahmen für die Batterie nötig, welchen mein Bruder – ein passionierter Hobbyschreiner – für mich anfertigte. Nach dem Wiederbefüllen mit Kalilauge und anschließendem Laden der Batterie war diese wieder voll funktionstüchtig, und das nach über 60 Jahren.
An einem warmen Frühlingstag war es dann soweit, die erste, richtige Probefahrt des kompletten Lanz war der krönende Abschluss dieser “Intensivbehandlung eines Alptraumes”, es war ein Riesenspaß mit dem Bulldog zu fahren und ein gutes Gefühl zu wissen, dass wieder ein Relikt aus der Vergangenheit für unsere nachfolgenden Generationen erhalten geblieben war.
Wenige Tage später konnte der Besitzer des Lanz sein Fahrzeug in die Reihen seiner Sammlung heimholen und mir bleibt als Fazit nach ca. 1500 Arbeitsstunden nur eine Feststellung: Das Unmögliche ist doch möglich geworden !
Zum Abschluss möchte ich mich noch bei meiner Familie, den Freunden Matthias und Peter sowie dem Besitzer des Lanz-Bulldog für ihre Unterstützung danken.
Rudolf Speckmaier
P.S. ein neues Restaurationsobjekt steht schon bereit, ein Hanomag R-460, na denn viel Spaß !!